Freitag, 28. Februar 2025

Exoten

Die Erde ist eine Insel,
nenne das Meer, wie du willst.
Umgeben von sinnloser Leere
wohnt dort, noch unentdeckt,
ein seltsamer Stamm:
die einzige Menschheit,
um die es gehen kann.

Donnerstag, 27. Februar 2025

OMG!

Ich rede zu viel von Gott.
Und viel zu vertraulich.
Als sei er ein alter Bekannter,
eine seit Kindertagen gewohnte Gestalt,
einer, von dem ich nahezu alles weiß,
was es über ihn zu wissen gibt,
als sei ich all seiner Geheimnisse kundig
und nichts an ihm könne mich überraschen.
Aber das stimmt so nicht. Vielmehr gilt:
Einen Dreck weiß ich.
Gott ist mir vollkommen fremd.
Immer wieder muss ich feststellen.
dass er anders ist, als ich gedacht habe,
dass er nicht so ist, wie ich es gern hätte,
dass er mich verwirrt und verstört
und überhaupt nicht tröstet
und dass ich nicht bei ihm geborgen bin.
Das ist mir sehr recht.
Das ganze Wohlfühlgetue,
das Gerede von Plan und Gewissheit,
von Zuhausesein und so weiter,
geht mir total auf die Nerven.
Gott ist ein vollkommen Fremder für mich,
den ich jeden Tag, jeden Augenblick
völlig neu kennenlernen muss.
Gott ist ein Abgrund,
in den ich mich werfen will,
blindlings und ohne zu zögern
und ohne jede Absicherung.
Aber darüber sollte ich vielleicht schweigen.

Mittwoch, 26. Februar 2025

Station Philadelphiabrücke

Er steht am Bahnsteig. Sein Herz dröhnt
von der Verhältnisse Unvernunft,
wenn der U-Bahn-Zug einfährt.
 
Mitten durch ihn hindurch
gehn die falschen Zwecke und Mittel
der gehetzten Leute.
 
Dann steigt er ein.

Sonntag, 23. Februar 2025

Poetologische Einlage

Sagen wir mal so: Das lyrische Ich
geht sich oft verdammt auf die Nerven.
Meist wär’s ihm viel lieber, es ginge
im Gedicht um ganz andere Dinge.
Von denen gibt’s ja nun wirklich genug.
Zu blöd auch das Missverständnis, das Ich
sei immer der, der es schreibt. Mitnichten.
Vielmehr schreibt er über die Welt, aber
selbstverständlich wird er den Filter
der Subjektivität niemals los.
Sprache ist die Suppe der andern,
und darin schwimmt das eigene Selbst,
ob man’s ausdrücklich erwähnt oder nicht.
Am Ende kommt es nur darauf an,
was daraus gelöffelt wird: Ich oder
was einem sonst so dazwischen kommt.

Samstag, 22. Februar 2025

Rede eines Zeitgenossen

„Ich bin nicht meiner Meinung.
Ich glaube ganz bestimmt nicht daran,
wovon ich ziemlich überzeugt bin.
Und ich will gar nicht wissen,
wem oder was ich noch glauben soll.
Es gibt so viele Wahrheiten,
jeder hat seine eigene.
Mein Urteil steht jedenfalls fest:
Man darf keinesfalls urteilen.“

Zustimmung

Stimmt, ich will nicht wahrhaben,
was gerade passiert. 
Wie es ist, soll es nicht sein.
Es ist Lüge und Niedertracht,
Dummheit und Unvermögen.
Ich finde mich nicht damit ab.
Ich melde Widerspruch an.
Es muss anders werden, das stimmt.

Freitag, 21. Februar 2025

Arkandisziplin

Ich kenne gar keine Geheimnisse.
Ihr braucht mich darum gar nicht erst
auf die Folter zu spannen.
Das wenige, was ich weiß,
verrate ich euch gern.
Mehr dürft ihr euch von mir
dann aber auch nicht versprechen.

Donnerstag, 20. Februar 2025

Und wieder und wieder

Das ist das Elend der Welt,
dass man nicht auf mich hört,
der ich doch weiß, was falsch ist
und wie’s richtig ginge.

Die Wahrheit ist da.
Kaum einer will sie hören.
Daran werden alle am Ende
zu Grunde gegangen sein.

Prophezeiung

Kannste machen.
Dann ist es halt Kacke.
Aber das sagte ich schon.
Das sage ich immer.
Aber keiner will’s hören.
Dann ist das halt so.
Schlimmer geht immer.

Paradies auf Erden.

Alles könnte so schön sein.
Jedem könnte es gut gehn.
Keine Sorgen und Nöte
müssten die Menschen mehr quälen.
Wenn die Leute doch nur
endlich auf mich hören wollten.
Denn ich weiß die Lösungen
für alle Probleme. Fast alle.
Für viele. Für einige.
Jedenfalls für die wichtigsten.
Aber man hört nicht auf mich. 
Tja, Leute, dann eben nicht.

Dienstag, 18. Februar 2025

Meine Rede

Sagt, was ihr wollt,
aber ich sage, was ich will.
Wenn wir aneinander vorbeireden, 
das gebe ich zu, liegt es an mir.,
weil ich zu euch spreche
und nicht im Chor wiederhole,
was immer gesagt wird.
 
Meine Worte sind euch fremd,
und eure Rede enttäuscht mich.
Ohne Hand und Fuß ist sie.
Mit Händen und Füßen habt ihr
euch darauf verständigt,
weder Ross noch Reiter zu nennen.
Geschwätzig verschweigt ihr
das Wesentliche: Was wirklich ist
und was darum zu tun wäre.
 
Sagt, was ihr wollt,
ich werde euch widersprechen.
Auch eurem Verschweigen, 
gerade dem. Gerade deshalb,
weil ihr nicht hören wollt,
dass ich sage, dass ihr nicht sagt,
was gesagt werden muss,
werde ich weiterreden.

Sonntag, 16. Februar 2025

Abwarten und Tee trinken

Es wird immer schlimmer.
Aber so war es schon immer.
Alles ändert sich,
damit alles so bleibt,
wie es nicht sein soll.
Wie es denen in den Kram passt,
die an der Macht sind. 
Also uns allen.
Denn was wir tun und lassen,
das sind die Verhältnisse,
die über uns bestimmen.
Wir machen, was wir wollen,
weil wir es müssen,
als wüssten wir nicht,
was wir wollen sollen.
Da kann man nichts machen,
als mit allem zu brechen.
Aber wer will das schon?
Fürchtet euch nicht, heißt es,
alles wird gut.
Aber ich fürchte, das wird nichts.
Da müsste schon ein Wunder geschehn.

Sonntag, 9. Februar 2025

So und nicht anders

Zufrieden kann ich nun wirklich nicht sein
mit meinem derzeitigen Leben.
Schuld sind wie immer die andern.
Auch am Zustand der Welt überhaupt.
Warum sind die Leute, wie sie sind,
und nicht, wie ich sie haben möchte?
Alles könnte längst so viel besser sein,
wenn endlich alle immer das machten,
was ich ihnen sage. So ist es leider.

Mittwoch, 5. Februar 2025

Publikumswirkung

Zwischen Tralala und Hopsasa
macht mein Krähengekrächz
kaum auf sich aufmerksam.
Jeder ausgestopfte Tanzbär,
richtig ins Bild gesetzt,
erntet mehr Zustimmung.
Was für ein Glück, sage ich mir,
dass ich nicht deswegen schreibe,
Aber warum eigentlich dann?

Geträumte Legende

Gott ist ein Österreicher.
Das erfuhr ich im Traum.
Erst zweifelte ich. Dann verstand ich.
Ein Altösterreicher vermutlich,
er ist ja uralt. Vielleicht
aus galizischem Schtetl,
voller Armut und Aberglauben.
Kein Frömmler, kein Wunderrabbi,
kein Krämer, kein Branntweinpächter,
beinah ein Luftmensch,
wenn man so sagen darf.
Ausgewandert nach Amerika
womöglich, aber auch dort
nie zu Wohlstand gekommen.
Oder einfach nach Wien gegangen,
es schließlich gebracht habend
zum Börsenspekulanten
oder zum Journalisten
oder zum Psychoanalytiker.
Als die Braunen siegten: vertrieben.
Oder im Osten geblieben,
später verschleppt und vergast.
Noch später immer erinnert,
wenn es Opfern und Tätern passt.
In Palästina nie heimisch geworden,
das Kaffeehaus vermissend
und eigentlich doch auch die Schul.
Das Leid auch der Araber
auf sich nehmend, auch dafür
verhöhnt und bespuckt werdend.
Sich nicht beirrend lassend.
Immer überall ein Fremder 
geblieben sein. Genau das wollend.
Gott ist ein Österreicher,
das verstand ich erwachend,
im untergegangenen Sinne:
ein jüdisches Schicksal.

Samstag, 1. Februar 2025

So jedenfalls nicht

Wir machen das immer so?
Mit Verlaub, aus meiner Sicht
ist das ein weniger starkes Argument,
als du zu glauben scheinst.
Eher im Gegenteil.
Aber du muss selber wissen,
ob du mich überzeugen willst.
Ich weiß jedenfalls,
womit du’s nicht schaffen wirst.

Weltuntergang

Ich mache mir keine Hoffnungen.
Ich will sie geschenkt bekommen.
Alles soll gut werden, aber
was kann ich denn schon dafür tun?
Ich überlasse die Zukunft
den andern. Die sollen was machen.
Leider werde ich Recht behalten,
sie werden mich furchtbar enttäuschen.
Das war so, das ist so, das bleibt so.
Wie sich damit nicht abfinden, Bruder?

Kleine Wörter

Zähl bis drei.
Dann weißt du Bescheid,
Dann weißt du genau,
wer dich was.
Hörst du’s? Na bitte,
ich sag’s ja.

Hebebühne, rückwärts

War da schon viel Schönes dabei?
Wohl eher nicht. Aber Gurkensalat,
Gurkensalat, Gurkensalat
ist auch keine Lösung. Hinterm Mond
wächst die Angt vor der Sonne
und anderen Kleinigkeiten.
Der Unsinn macht keine Gefangenen,
Drum muss man kaltblütig bleiben,
komme, was wolle. Auch wenn nichts kommt.
Marmelade wäre ein Anfang.
Dort fehlt kein Bolzen, das weiß man.
Und die Grasflecken müssen bleiben.
Oder wie das heißt. Jedenfalls,
so geht das nicht. Das steht jedem frei,
wie gesagt, und so fort und so weiter.

Das Mütterchen mit den Krallen

Mein Böhmen ist ein Meer, auf seinem Grund liegt Prag. Ich schwimme weit hinaus und tauche tief ins Glück. Daheim ist alles dumpf. Fern weht...