Sonntag, 18. Juli 2021

Vorsicht, Ironie

Das merkst du doch hoffentlich selbst,
dass das so nicht geht. Du kannst nicht
im Ernst geglaubt haben,
dass du damit durchkommen wirst.

So einfach ist das Leben nicht.
Es gibt Regeln, die man nicht
so einfach ignorieren kann,
objektive Realität,
die man ins Kalkül ziehen muss.

Du spielst nur mit den Wörtern.
Dir werden die Dinge
auf den Kopf fallen.

Tel premier vers*

Wenn es die Sprache durchzuckt
oder mich oder beide,
wenn der Eindruck sich einstellt,
die Empfindung, da ist was,
das vielleicht, nur vielleicht,
etwas sein kann, ein Glücksfall:
der erste Vers eines Gedichts.
 
 
* Les dieux, gracieusement, nous donnent pour rien tel premier vers; mais c'est à nous de façonner le second, qui doit consonner avec l'autre, et ne pas être indigne de son aîné surnaturel. (Paul Valéry)

Ein Leben

Ich hatte immer erwartet,
da käme noch was,
aber es kam nichts,
das Leben ging weiter
und weiter, aber nie,
nie passierte etwas
wirklich Besonderes.
Ich wartete und wartete,
aber es kam nichts,
nichts Besonderes, nichts
Außergewöhnliches, nichts,
das man nicht doch erwartet hätte.
Das Leben bot nichts
als sich selbst. Heute
begreife ich langsam,
dass das Warten mein Leben ist
und die Ereignislosigkeit
schon das ganze Ereignis.

Donnerstag, 8. Juli 2021

Endlich bin ich mich losgeworden.
Es war nicht mehr auszuhalten mit mir.
Darum habe ich mit mir gebrochen.
Was zu viel ist, ist zu viel.
Ich habe mich vor die Tür gesetzt
und mir verboten wiederzukommen.
Ich habe mich in hohem Bogen
rausgeworfen und mir nachgerufen,
ich solle bloß nicht wagen,
mich je wieder bei mir blicken zu lassen.
Was zu viel ist, ist zu viel.
Es war ja schon seit langem abzusehn,
dass es so nicht weitergehn konnte.
Ich hatte mich mit mir auseinander-
gelebt, die Trennung war vorhersehbar.
Mein Verhältnis zu mir war völlig zerrüttet,
da war nichts mehr zu machen. Der Bruch
war nur noch eine Frage der Zeit.
Was zu viel ist ist zu viel.
Schließlich musste es sein, ich musste weg.
Jetzt bin ich mich losgeworden.
Ich will mich nie mehr wiedersehn.
Ohne mich geht es mir besser.
Jetzt kann ich mich um mich selber kümmern.
Es musste sein. Ich wollte es ja nicht anders.
Ich habe etwas besseres verdient.
Es ist gekommen, wie es kommen musste.
Ich bin mich los. Endlich.

Ein heißer Tag im April

Es riecht schon verzweifelt nach Sommer.  Die Vögel kreischen ums Überleben. Brünstig streben die Blumen zur Sonne. Alles blüht, als gäb'...