Freitag, 31. Oktober 2025

Herbstliche Hermeneutik

Es krächzen die Krähen.
Sie werden schon wissen,
was sie damit sagen wollen.
Sonst weiß es niemand.
Aber das macht nichts.
Auch die Krähen verstehen nicht,
was all die anderen meinen.
So macht uns unsere Sprache,
die einzige, die wir können,
alle einsam.

Strenge Oberservanz

Alles hat seine Ordnung.
Aber man kennt sie nicht.
Manche setzen irgendeine.
Aber das bringt nichts
als andere Unordnung,
Blut, Schweiß und Tränen.

Donnerstag, 30. Oktober 2025

Selbsternannter Selbstdenker

Was weit denn du schon
wie schwierig es ist,
einen Gedanken zu fassen,
der nicht schon im Voraus
von der Blödheit der andern
verschmutzt ist. 

Wie reinigt man sich
von Wahn und Lüge,
von der Vorherrschaft
unfreien Denkens? 

Wie viel darf man wagen,
ohne einsam, lächerlich
und unverständlich zu werden? 

Es ist leicht zu spotten,
wenn man fast hirntot ist,
berauscht und betäubt
vom Mitlaufen im Hamsterrad
passender Meinungen.

Selbst zu denken,
kann einem keiner abnehmen.
Darum die Unbeliebtheit.

Mittwoch, 29. Oktober 2025

Unterwegs zum Abgrund

Das wäre doch schön,
wenn man zu den letzten gehörte,
die noch irgendwie da sind
und alles erleben können,
wenn man noch den Weltuntergang mitnähme
und dann nichts mehr.
Wenn man also nicht denken müsste,
da komme noch was,
wenn man längst tot sei,
wenn man nicht befürchten müsste,
die andern hätten noch ihren Spaß,
und machten vielleicht sogar etwas besser,
retteten die Welt, sozusagen,
und man selbst hätte nichts mehr davon.
Das wäre nicht schön.
Dann lieber jetzt gleich Weltuntergang
und Schluss.

Dienstag, 28. Oktober 2025

Luftbildarchäologie

Oberflächlich betrachtet
scheine ich allzu ortsfest zu sein,
aber das liegt nur daran
dass ich nie bin, wo ich bin,
sondern über den Dingen schwebe
und zugleich in Tiefen geistere,
die noch unterm Untergrund liegen. 
Während ich mich in Lüfte schwinge,
die von Gegenden herüberwehn,
die längst kein Mensch mehr versteht,
geht es Schicht um Schicht abwärts,
aber niemals vorwärts und leider
auch niemals wieder zurück. 

Montag, 27. Oktober 2025

Wie im Märchen

Als das Wünschen noch geholfen hat,
wie man damals so sagte,
wünschte ich mir nichts seliger,
als dass du mich liebtest wie ich dich.
Vielleicht hast du das ja auch
und dich mir darum erspart.
Und so lebten wir ohne einander 
viel glücklicher als miteinander
bis ans Ende unserer Tage. 

Zum Glück (II)

Wir waren bestimmt dafür bestimmt,
einander eher früher als später
fürchterlich auf die Nerven zu gehn,
wären wir ein Paar geworden.
Noch viel fürchterlicher als damals,
als wir zum Glück kein Paar wurden.

Zum Glück (I)

Du nicht, ich nicht, keiner
hätte vorhersagen können,
was aus uns geworden wäre,
wären wir ein Paar geworden,
außer zwei unglücklichen Menschen.
Aber ich bin es zum Glück
auch ganz ohne dich geworden.

Scheitern

Alles scheitert immer
am ganz Gewöhnlichen.
Das Durchdachte hat keine Chance
gegen den Zufall und die
Heimtücke der kleinen Dinge.

Unterstand

Ganz gemütlich hier,
wo es nichts gibt
als das Nötigste
oder weniger. 


Wo es besser ist,
als auf freiem Feld
gut sichtbar ein Ziel
abzugeben fürs Sterben. 


Ausruhen, weiterleben,
das genügt schon
für ein müdes Fest
mit oder ohne Fressen.
 

Nur nicht im Schlaf
draufgehn. Dann schon lieber
mit Gebrüll. Das hätte
deutlich mehr Würde.

Unterholz

Wenn nur die Dunkelheit
sich über mich beugt
und die Stille mich deckt,
weiß ich im Unterholz
mich mit klammen Fingern
ganz auf mich gestellt.
Verräterisch könnte
mein Atem jetzt sein
und mein Geruch ein
Erfolg für ihre Hunde.
Neben mir hockt der Tod
und wartet mit mir darauf,
dass sie alle weg sind. 

Samstag, 25. Oktober 2025

Abgrenzung

Nicht mit mir, sage ich
wieder und wieder,
um nicht verwechselt zu werden
mit irgendjemandem,
den keinen Anlass hat,
das zu sagen.

Anbahnung

Fick mich, sagte er,
sehr wohl wissend,
was alles dazugehört,
damit daraus überhaupt
etwas werden kann,
geschweige denn
etwas Schönes. 

Kleiner Tipp

Lasst euch anstecken
    von der Fremdheit der andern.
Versteckt euch nicht
    hinter Ängsten und Groll.
Lasst euch nicht betäuben
    von Lügen und Versprechen.
Berauscht euch nicht
    an Gewalt und Nichts.
Nehmt eure Leben
    selbst in die Hände.
Kümmert euch um einander
    in Freiheit und Würde,
Und alles wird gut.

Poet und Peloton

Seine Geschwätzigkeit verrät ihn.
Und darum stellt man ihn kurzerhand
mit Fug und Recht an die Wand. 
Aber wenn er geschwiegen hätte,
hätte er nicht einmal das erlebt. 

Zur Erinnerung

Vergesst mich und vergesst,
dass ihr mich vergessen habt.
Ich will nicht abhängig sein
von eurer Erinnerung,
und wäre ich es, 
wollte ich alles tun, 
damit ihr mich vergesst.
Ich will nur abhängig sein
von der Ewigkeit. 

Nihilismus

Wenn Gott tot ist,
will ich singend und tanzend
ebenfalls eingehn
ins Nichts.

Feindschaften

Sie hassen mich,
weil sie nicht wahrhaben wollen,
dass ich Recht haben könnte.
Das heißt, sie würden mich hassen,
wenn sie mich kennten.
Ich kenne sie genug,
um für sie zu beten.
Mögen sie umkehren 
und endlich erkennen, 
wie Recht ich habe.

Parteigänger

Aus meinem Versteck heraus
unterscheide ich Freund und Feind,
und es trifft nie den Falschen.
 
Ich riskiere immer alles,
mein Leben, meinen Ruhm,
aber weil ich gering bin
und keiner mich kennt,
geht das in Ordnung.
 
So wird das weitergehn
bis zum Sieg der einen
oder anderen Seite.
Wahrscheinlich nicht meiner. 

Freitag, 24. Oktober 2025

Schmonzes

Wem es entgeht,
wer’s nicht vesteht,
sich einen Reim
drauf zu machen,
auf solche Sachen,
wer im Lachen
und Klagen nicht
den Seher hört,
der Wahrheit spricht.
macht was verkehrt.

Donnerstag, 23. Oktober 2025

Auch der Herbst

Mit allen seinen Farben
macht der Herbst sich wichtig. 
Es riecht nach dem und dem.
Bis nichts mehr übrig bleibt
als der übliche Wechsel
der Jahreszeit. Schön und gut.

Hinter dem Winter

Als ob der Schnee
etwas zu verbergen hätte.
Die Flocken schweigen.
Die weiße Pracht liegt da 
wie eine Ausrede.
Darüber hin manche Spur.
Da geht noch was. 

Samstag, 18. Oktober 2025

Prophetensorgen

Hört das denn nie auf,
dass ich immer Recht haben muss? 
Könnte mich die Wirklichkeit
nicht einziges Mal widerlegen?
Warum darf nicht auch ich mich irren?
Nicht lediglich in Kleinigkeiten
danebenliegen, sondern einmal
so richtig völlig in die Irre gehn?
Oder irre ich mich und befinde mich
in Wahrheit längst schon im Irrtum? 

Konspirative Theorie

Ich sage es in aller Klarheit:
Pfrumpf und Blablakadavrax
helfen überhaupt nicht weiter.
Euer Götzendienst macht nicht frei.
Auch das allerdümmste Kalb
rettet kein einziges Leben
vor dem Einbalsamiert werden
in verschlissenen Statistiken,
sondern nährt nur die Schlächter.
Noch darf man das sagen,
noch nützt es wenig bis nichts,
aber später, wenn es zu spät ist,
wird es wirken, glaube ich. 

Imperial Machines II

Das darf nicht sein.
Aber so geht es weiter.
Wenn keiner eingreift
ins Rad der Geschichte.
Jeder für sich. 
Wir miteinander.
Und Gott mit uns allen.

Enigma

Solche Gedichte nämlich
hätte ich gerne geschrieben
und noch ganz, ganz andere.
Aber es hat nicht sollen sein.

O la muerte

Immer noch unzufrieden
mit der Welt und vor allem
mit mir, werde ich mich wohl
weiter aufregen müssen,
bis ich irgendwann endlich
keinen Mucks mehr machen kann.

Gute Besserung

Als ich noch Zukunft hatte
oder welche zu haben meinte,
war alles viel schwieriger.
Man erwartete viel
und bekam sehr wenig,
aber immer noch zu viel,
um zufrieden sein zu können.
Nun, da alles zu spät ist
oder doch sein könnte,
ist alles viel leichter.
Ich erwarte fast nichts mehr,
und das Wenige, das ich habe
und geben kann, genügt mir.
Ob es den andern genügt,
überlasse ich denen.

Freitag, 17. Oktober 2025

Abseits der Rennstrecke

Verführt von der Langsamkeit
eines Apfelbaumes im Winter,
der nichts zu verraten hat
als ein gefährliches Blöken,
spotten die Feldmäuse über die Kopfläuse
und kennen noch nicht einmal den Unterschied
von Ambossen und Büroklammern.
Zitronengelbe Streifen aus Seide und Samt
hängen irgendwie in der Luft,
als wäre schon Schwarzer Sonntag
oder irgendein Mittwoch.
Tief im Nudelwasser verborgen
sitzen starke Zwerge und singen
lautlos ganz kleine Lieder.
Mutige Zebras verwechseln
Äpfel mit Apfelsinen und Rosinen
mit rosig Tanten. Es hüsteln die Rösser.
Rostrote Rosen stacheln den Rasen auf,
sich wahnsinnig schnell zu verlieben.
Die Bahn ist frei, aber keiner kommt.
Das mit den Büroklammern
ist ein echtes Rätsel, ein falsches Rätsel
geben die Ambosse auf. 

Donnerstag, 16. Oktober 2025

Einfache Sache

Daran ist nichts rätselhaft.
Es liegt alles offen zu Tage.
Unverständlich ist eigentlich nur,
warum keiner was unternimmt
gegen das alles. 

Rhizome (Imperial Machines)

Die Reichsmaschinen
werkeln schon vor sich hin,
bis kein Mensch mehr weiß,
was das soll, bis keiner mehr
gute Gründe kennen kann,
es besser nicht zu tun.

Expression

Die Menschheit ist Quatsch
und „der Mensch“ eine Lüge.
Sie reden und reden,
feierlich und gewitzt,
aber kein Wort ist wahr,
weil keines den Umsturz bringt,
keines zum Einsturz bringt
Irrenhaus, Gefängnis, Fabrik,
und Vergnügungspark, die Welt,
wie sie nicht sein soll,
sondern immer nur neue Weisen
der Unterdrückung und Auslöschung.
Menschen gibt es, das ist wahr.
und sie tun einander Schreckliches an,
man bringt sie zum Funktionierem,
aber sonst sind sie Wurst. 
 

Mittwoch, 15. Oktober 2025

Unzufrieden

Ich bin es leid,
immer ich zu sagen,
als ginge es immer um mich.
Denn ganz offensichtlich
geht es gar nicht um mich,
wenn ich ich sage,
sondern um die Welt
und die Menschen darin,
und dass ich ich sage,
ist nur ein bescheidenes Mittel,
um das zu zeigen. 

Unangepasst

Dagegen zu sein,
ist schon viel
in einer Welt, in der 
immer alle dafür sind.
Aber dagegen zu sein,
ist noch gar nichts,
wenn man nichts tut,
um das zu bekämpfen,
was nicht sein soll.
Dagegen zu sein,
ist nur ein Anfang,
aber ein vielversprechender.

Unpassend

Was ich kann, kann keiner brauchen,
was ich weiß, will keiner hören,
was ich möchte, interessiert niemanden,
was ich soll, schreiben alle mir vor,
was ich nicht will, passiert.
So kommen wir nicht zusammen. 

Dienstag, 14. Oktober 2025

Ins Stammbuch

In der Zwischenzeit,
bis die Welt untergeht,
und das völlig zu Recht,
will ich euch noch rasch sagen,
dass ihr immer im Unrecht wart,
nicht auf mich gehört zu haben.
Das rächt sich jetzt.
Alles geht zu Grunde,
ob ihr nun hinschaut oder
so tut, als wäre nichts.
Ihr merkt das dann schon. 
Heulen und Zähneknirschen
wird sein, das steht fest.
Und wozu das alles?
Für das bisschen Spaß,
den ich euch verderben wollte?
Ich habt eure hohlen Räusche,
eure mickrigen  Genüsse,
meinen Vorschlägen vorgezogen,
habt lieber euren Ängsten gehuldigt,
und alle meine Warnungen
in den Wind geschlagen. 
Schön und gut, aber dann
beschwert euch bitte nicht bei mir,
wenn am Ende und in Ewigkeit
alles sinnlos gewesen sein wird. 

Nun ja

Wem die Welt, wie sie ist,
nicht auf die Nerven geht, 
dem kann ich nicht helfen
mit meinen Worten.
Den anderen, den Genervten,
allerdings auch nicht.

Diese Welt

Ich verstehe die Welt nicht mehr.
Als ob ich sie jemals verstanden hätte.
Als hätte ich jemals begreifen können,
wie man so grausam sein kann,
so gleichgültig, so verrückt.
Diese Welt ist mir völlig fremd.
Ich kenne zwar keine andere,
aber der Vergleich macht mich sicher:
Ich hoffe auf eine bessere.
Einfach nur, weil es nicht sein kann,
dass das schon alles gewesen ist. 

Donnerstag, 9. Oktober 2025

Berserker

Man gewöhnt sich an alles,
auch an die eigenen Schwächen.
Das ist das Schlimmste,
aber wie damit brechen?
Wie mutiger werden und stärker
und weniger gewöhnlich? 

Mittwoch, 8. Oktober 2025

Damnatio memoriae

Ich vergesse immer wieder gern,
wie furchtbar ich doch bin,
jedenfalls denen zu Folge,
die mich mit Nichachtung strafen. 

Nachtstück in eigener Manier

Es ist Nacht und in der Gracht
schwimmt eine Herde von Schweinchen.
So rosig im Mondenschein
und so niedlich anzusehn
in ihren rot-weiß gestreiften
Badeanzügen aus Linnen.
Die Diamantenschleifer nehmen
nur Schweizer Gulden.
Das war vorherzusehn.
Wie blind kann man sein,
wenn es stockfinster ist
bei voller Beleuchtung?
Die Turmuhr geht zum Schlagen
in den Keller. Dort hat sie es warm.
Aber das macht nichts.
Hier klafft eine Lücke und dort
geht wieder ein langer Weg
vorzeitig zu Ende.
Wir müssen reden, aber
es gibt nichts mehr zu sagen.
Schwimmt, Schweinchen, schwimmt!

Dienstag, 7. Oktober 2025

Der Wütende

Ich bin keiner von euch,
war es nie und werde es nie sein. 
Darauf bin ich nicht stolz,
denn ich kann gar nicht anders.
Ich könnte nie
so ein angepasstes Arschloch,
so ein heuchlerischer Mitläufer,
so ein rücksichtsloser Ichsüchtler
sein, wie ihr welche seid.
Nicht stolz, aber zufrieden,
bin ich damit. Und wütend,
weil meine Überlegenheit
an euch überhaupt nichts ändert.
Aber wozu rege ich mich auf?
Ich sollte mir lieber vorsagen,
dass ihr mir egal seid.
Wut und Verzweiflung sind sinnlos. 
Bleibt freilich der Umstand,
dass ihr alles kaputt macht,
was wahr und gut und schön ist. 
Und schon rege ich mich wieder auf.

Sonntag, 5. Oktober 2025

Willensfreiheit

Was wollt ihr von mir? Mit welchem Recht 
fordert ihr dies und das? Wer hat euch
zu meinen Vorgesetzten gemacht?
Ich bin doch nicht euer Untertan 
oder Knecht und euren Befehlen
gehorche ich nicht. Ich habe auch
nicht vor, eurer Gewalt zu weichen.
Was auch immer ihr also wolltet,
ich will damit nichts zu tun haben. 

Lebenslüge

Die Wahrheit ist doch eigentlich die,
dass ich die Wahrheit nicht wissen will,
dass ich mich dem lieber nicht stelle,
was mein Leben verändern müsste.
 
Das weiß ich wohl, aber ich ziehe
daraus nur den Schluss, lieber weiter
Gedichte zu schreiben, als endlich
mein Leben in den Griff zu nehmen.

Freitag, 3. Oktober 2025

Irgendwer von früher

Anscheinend liege ich hinter dir,
bin, wenn überhaupt, allenfalls
irgendwer von früher, einer,
den du mal kanntest, einer,
den du längst überwunden hast.
Das ist nicht schön. Nicht für mich.
Für dich scheint es ja zu passen. 

Mittwoch, 1. Oktober 2025

Alter Winter

Der Schnee heiligt die Landschaft
mit unerbittlicher Sanftheit.
Die himmlische Stille
verpflichtet zu nichts, nur zu
Innehalten und Schweigen.
Und die Dummen zu Geschrei
und einer Blutspur des Spaßes.
Wenn man nur denken könnte,
es gäbe sie nicht irgendwo.
Unterm Schnee ruht Welt.
Darüber schwebt Wahrheit. 

Ungemütliche Zeiten

Es könnte wieder Winter werden.
Legt schon mal die warmen Sachen
heraus, die pullover und shawls.
Aber freut euch nicht zu früh
auf Kaminfeuer und Grog. 
Es könnte kälter werden, als ihr denkt.
Und vielleicht erfriert ihr sogar,
ohne es überhaupt zu merken. 

Montag, 29. September 2025

Partisanenleid

Hört mal, auf wessen Seite
stehe ich denn eigentlich?
Wer wird mich erschießen 
gleich am zweiten Tag
nach dem Sieg der Revolution? 
Und mich im Massengrab
des Vergessens verscharren?
Ich pflege ja leider immer 
zu sagen, was ich mir denke.
Das geht allen auf die Nerven,
macht mich vielen verdächtig 
und mir manche zum Feind. 
Ich rede mir ein, solange
ich noch irgendwem nützlich bin,
geschieht mir nichts. Aber dann?
Es wird kein gutes Ende nehmen
mit mir, wenn ich dauernd
die Partei ergreife der Wahrheit.

Wunderglaube

Immer mal wieder habe ich
meine Hoffnung gesetzt auf das
möglicherweise Unwahrscheinliche
und das wahrscheinlich Unmögliche.
Aber selbst für solche Schwachheiten 
fehlt es mit heute an Kraft.

Mittwoch, 24. September 2025

Bei dieser Gelegenheit

Zungenfertig und bereit,
gegen die Wand zu reden,
lauere ich auf das Wort,
das mich heimsucht, das du mir
endlich abverlangen sollst
und das nicht gleich klein beigibt,
wenn mir der Atem versagt. 

Façon de parler

Stell mich zur Rede,
nimm mich beim Wort,
verlange Auskunft von mir 
und lege Wert auf mein Zeugnis.
Lass mich dir verraten,
was ich zu sagen habe,
und dulde keine Ausflucht.
Dann bekommt du zu hören
nichts als die Wahrheit,
die dir in den Sinn kommt,
die ich dir auftischen kann
von ganzem Herzen. 

Sonntag, 21. September 2025

Unzureichend unempfindlich

Wenn mir die Welt auf die Nerven gehe,
so heißt es, liege das wohl an meinen Nerven.
Warum nehme ich auch keine Drogen
oder lasse mir ein Mittelchen spritzen
gegen das Erinnern und Kritisieren!
Schluck runter, was du zu sagen hättest
über Dummheit und Bosheit. Was hilft es,
wenn du greinst? Du verdirbst nur allen
den Spaß an der Sache des Wahnsinns. 

Samstag, 20. September 2025

Mittwoch, 10. September 2025

Tipp

Wenn die Kacke am Dampfen ist,
suche das Weite. 
Keiner hat was davon, 
wenn du stinkst. 

Unheilspoet

In eurem Namen zu sprechen,
fällt mir im Traum nicht ein. 
Ich teile nicht eure Qualen,
nicht eure Dunkelheit.
Mir geht es aber gut genug,
um singen zu können,
was euch zerstört.

Auftragserteilung

Fürchtet euch nicht, heißt es immer.
Und ich setze gerne hinzu:
Kümmert euch um einander.
Alle Menschen sind einander anvertraut.
Viele freilich bereiten den andern
die Hölle auf Erden. Das muss nicht sein. 
Dagegen kann man etwas machen.
Tut es. Lasst das Böse nicht gewinnen.
Ihr habt nichts zu verlieren
als eure Furcht und eure
gottverdammte Hoffnungslosigkeit. 

Bittere Notwendigkeit

Und, was soll das bringen,
wenn ich im Namen von Anstand und Vernunft
protestiere gegen Wahnsinn und Unrecht
und irgendwas hinschreibe,
was dann doch keiner liest?
Kein Toter wird davon wieder lebendig,
kein Hungernder satt, 
kein Unterdrückter frei.
Keiner hat was davon,
wenn ich Partei ergreife,
außer mir, dem der schale Geschmack
des folgenlosen Rechthabens bleibt.
Aber anders geht es nicht,
im Getriebe dieser Welt 
ein Mensch zu bleiben.

Sonntag, 7. September 2025

Nichts ist so schön
wie dieser da.
Mit ihm erfüllt sich
das Versprechen der Schöpfung. 

Samstag, 6. September 2025

Zugeständnis

Zugegeben, dieses Gedicht
könnte sehr viel besser sein,
aber dazu hätte es wohl
ein andrer schreiben müssen.

Freitag, 5. September 2025

Oder der Engel,
einer sollte genügen, 
reicht mir einen kleinen Finger,
es muss ja nicht seiner sein,
und ich lasse fünfe
kerzengerade erscheinen,
wer kann das aushalten,
dieses unerhörte Ereignis 
unnachahmlicher Schönheit? 

Dienstag, 2. September 2025

Kassiber IV

Tarnung aus Fleisch und Blut,
riskierte Haut schon zum Frühstück,
einmal noch, einen weiteren Tag 
zu Ende bringen, lachen
und weinen, ein Mensch sein 
unter Menschen und nicht bloß
ein Kadaver und die Engel
singen hören müssen. 

Kassiber III

Die Welt als Todeszone
braucht Verstecke, unterirdische
Anlagen zwecks Weiterlebens,
Schloss und Riegel gegen die
Zumutungen der Utopie. 

Montag, 1. September 2025

Kassiber II

Geheime Fanfaren
umschmeicheln fast lautlos
Moose, Pilze und Farn:
Signale der Heimkehr,
des Aufbruchs und auch der
ausgedienten Gefahr.

Kassiber I

Und immer wieder der Wald,
unersetzlicher Genosse
der Entwischten und aller,
die es noch werden müssen.

Freitag, 29. August 2025

Stellung

Die lieben den Krieg.
Ich liebe ihn nicht,
bin aber gerne bereit,
ihn um gerechten Sache willen
von anderen führen zu lassen. 

Samstag, 23. August 2025

Grundgebet

Gib. Gib. Gib.
Mach. Mach, Mach. 
Lass nicht zu. 
Und gewähre doch.
Das hast du gut gemacht,
vielen Dank.
Hab ich dir heute schon gesagt,
dass ich dich liebe?
Amen. 

Freitag, 22. August 2025

Kavalier

Blank gezogen.
Kurzes Gefecht. 
Schmähliche Niederlage. 
Schon sterbend noch
Adieu gesagt.

Sonntag, 17. August 2025

Ohne Serviervorschlag

Das geht nämlich so:
Ich lege mir meine Wörter zurecht,
schön nach Narben geordnet,
dann greife ich wahllos zu
und stopfe, was ich erwische,
in vorbereitete Sätze.
Gut durchkneten.
Keinesfalls ruhen lassen.
Ich bin dann ganz in meinem Element.
Her mit dem offenen Feuer
mit den winzigen Flammen! 
Dann geht alles ganz schnell. 
Ich verzichte niemals darauf,
zu braten und zu sotten,
komme, was wolle. Aufgepasst!
Ganz nach Gefühl keine Gewürze
zugeben oder weglassen.
Meine Seele köchelt schon mit. 
Darauf kommt es nicht an. 
Ich weiß schon, was ich da mache.
Jetzt kann sich jeder Fehler rächen. 
Das geht so Stunde um Stunde.
Dann werfe ich alles weg,
spucke darauf und beginne
Jahre später etwas anderes.
Aber zuerst die Suppe! 

Unverstand

Oft versteh ich mich nicht.
Eigentlich nie. Ich brabble
irgendwas vor mich hin,
unbegreifliches Zeug
ohne Sinn und Verstand.
Darum höre ich mir,
das muss ich gestehen, 
meist schon gar nicht mehr zu.

Herber Charme

So spröde ist das Wort,
das sich von selbst ergibt.
Gefälligkeit scheut es
und lässt sich nicht gebrauchen,
bis du es zwingst, für dich 
und andere zu tanzen. 

Samstag, 16. August 2025

Urheberschaft

Eigentlich wollte ich
dieses Gedicht gar nicht
schreiben, aber dann
ist es mir doch passiert.

Donnerstag, 14. August 2025

Wie verschworen

Mir geht die Welt auf die Nerven.
All das Getue und Geschwätz,
das Zwitschern, Blöken und Kläffen,
das Rauschen, Dröhnen und Gellen,
das Piepen und auch das Plätschern
treibt mich in den Wahnsinn.
Das dauernde Runterfallen,
Verdrehtsein, Unauffindbarsein,
das ganze Weigern der Dinge,
auf Anhieb zu funktionieren,
macht mich so unsagbar wütend,
dass ich alles kaputt schlagen
möchte, was mir im Wege steht.
Aber das könnte Absicht sein,
um mich zum Schurken zu machen
in diesem abgekarteten,
unmöglich gewinnbaren Spiel, 
in dieser Verschwörung der Welt
gegen mich. 

Immer diese Fragen

Wer bin ich?
Und muss ich das wissen?
Oder darf ich die Antwort
für dich behalten? 

Reziprozität

Während mich nicht interessiert,
was die Leute interessiert,
interessiert die Leute nicht,
was mich interessiert.
So hat alles seine Ordnung. 

Georgicum

Gedanken säen.
Wörter ernten.
Sätze bündeln.
Phrasen dreschen.
Gedanken mahlen.
Texte backen.

Mittwoch, 13. August 2025

Falscher Eindruck

Dass da in dem, was ich schreibe,
von mir die Rede ist, scheint mir,
ist fast schon eine Übertreibung.
Jedenfalls aber ganz gewiss
eine Überbetonung. Es ist
durchaus zu viel des Aufhebens
und lohnt, sage ich, der Mühe nicht.

Samstag, 9. August 2025

Nächtens

Halt, nein, bitte nicht,
ich war noch gar nicht fertig
mit diesem Traum und hätte 
ihn gerne zu Ende geträumt.
Wieso bin ich aufgewacht? 
Ach ja, richtig. Ich weiß wieder.
Der Ruf der Wirklichkeit.
Ich bin alt und muss pissen.

Donnerstag, 7. August 2025

Falschparker, aufgepasst!

Mit dem Sheriff von Nottingham
ist nicht gut Kirschen stehlen 
oder Pferde essen.
Der hat den Borgen raus
und noch manchen Hund in der Pfanne.
Wir wollen brav sein
und den hochlöblichen Galgen 
lieber von unten besehen.
Mit klingender Münze zahlt
das Freiwild die Treibjagd heim.
Doch keiner weiß, wo er sitzen soll,
wenn der Dudelsack platzt
und der Aufzug anderer Saiten
mal wieder etwas länger dauert.
Sag, es war Speiseeis oder
ein geschickter Schachzug. Andernfalls 
wohnen die lustigsten Kerle
voll im Halteverbot.
Macht ja nichts, die wollen nur spielen.

Montag, 4. August 2025

Jeremiade

Ich schreibe und schreibe und schreibe,
und nichts kommt dabei heraus.
Als eben, dass ich geschrieben habe.
Die Welt ist nicht besser geworden.
Und gibt sich auch nicht den Anschein,
es werden zu wollen. Schon gar nicht
wegen meines Geschreibsels.
Habe ich wenigstens irgendetwas geschrieben,
was auch nur einen einzigen Menschen
glücklicher, freier, gerechter oder
immerhin klüger gemacht hätte?
Auch das scheint nicht so. Jedenfalls
langen keine Dankschreiben
waschkörbeweise bei mir ein.
Hin und wieder sagt wer was Nettes.
Das ist es dann aber auch schon.
Wo bleiben die Bewunder, die Jünger,
warum trägt mich, hosianna
die Menge meiner Leser nicht wenigstens
vorläufig auf Händen, um mich,
crucifige, dann fallenzulassen,
wenn das denn sein muss?
Ich schreibe doch nicht für mich,
oder nicht nur, ich will doch
die Welt retten oder wenigstens dich.
Nun, dann eben nicht. Auch egal.
Ich werde weiter schreiben.
Und ihr macht sowieso, was ihr wollt.

Freitag, 1. August 2025

Einflüsterung

Mein Leben werde nicht gerettet,
sondern verdammt noch mal vergeudet
worden sein wie das eines jeden
halbwegs gewöhnlichen Sünders, sagt
ein zufrieden grinsender Teufel,
springt von meiner Schulter und humpelt
eilig davon. Was weiß denn der schon!

Donnerstag, 31. Juli 2025

Denn der Orangenhain
kann gar nicht anders,
als herrlich zu duften,,
und die Sonne muss scheinen
wie eine Königin. 

Mittwoch, 30. Juli 2025

Bekenntnis zur Apokalypse

Ich sag’s lieber gleich,
ich bin für den Weltuntergang
durchaus zu haben.
Wenn alles zu Grunde geht,
passt mir das gut ins Konzept.
Denn die Leute sind mies,
und keiner will auf mich hören.
Wie soll das gut gehen können?
Die Welt ist ein Irrenhaus,
ein Schlachtfeld, ein Arbeitslager.
eine Kobaltmine, ein Wochenmarkt,
ein Folterkeller, ein Freizeitpark,
eine Wurstfabrik und ein Katzencafé.
Man verzeihe mir bitte
meine grobianische Ausdrucksweise. 
Hinzukommt, das alles
müsste gar nicht so sein.
Es ist aber so. Weil nämlich
die Leute es machen, 
wie es nun einmal ist.
Wenn also alles das aufhört,
wenn das Böse und Dumme
auf Nimmerwiedersehen verschwindet,
mit welchem Ach und Krach auch immer,
und endlich Platz wird für Besseres,
dann soll mir das recht sein. 

Et in Arcadia

Als ich dich liebte,
war ich glücklich.
Als du mich nicht liebtest,
war ich unglücklich.
Das ist unsere Geschichte,
die kann mir keiner nehmen. 

Ort und Stelle

Denken Sie weiter,
hier gibt’s nichts zu sehn.
Hier ist alles schon weggeschaut.
Lassen sie mich durch,
ich bin auch irgendwas.
Wenn das Rettende kommt,
wächst die Zudringlichkeit.
Viel zu viel Blut. Muss das sein?
Körperteile ergeben ein Bild,
das kein Bild mehr ergibt.
Erst ging alles so schnell,
jetzt dauert es allen zu lange.
Der Weltzustand ist ab sofort
ein Schienenersatzverkehr.
Bis dann wieder anderswo
auch was passiert. Schau mal,
wie die alle gaffen.
Das muss doch nicht sein.
Denken Sie an die Kinder.

Dienstag, 29. Juli 2025

Aktionsplan

Die Welt ist schlecht.
Drum gib ihr was aufs Maul.
Wenn sie sich bessert, gut.
Wenn nicht, hast du doch
deinen Spaß gehabt. 

Asche

Ich bin ein Nichts
und möcht es gerne bleiben.
Ich tanze aus der Reihe,
bis mich keiner sieht.
Mich findet niemand.
Auch ich mich nicht.
Die unhörbaren Lieder,
die ich immer singe, 
versteht eh kein Schwein.
Und so soll es auch sein.
Der Rest ist Stille. 
Das Ende ist gewiss.
Mehr will ich nicht.
Dass keiner meiner je
wieder sich erinnern wird,
gilt mir als ausgemacht.
Ach, ich verschwinde gern.
Und bin ja fast schon weg.
Ich will nur eins: 
Nach mir soll nichts,
rein gar nichts von mir bleiben.
Auch Asche nicht.

Samstag, 26. Juli 2025

Vorschlag zur Güte

Weißt du denn was Besseres?
Ich auch nicht. Lass uns also
miteinander ausharren
und das Ende erwarten.
Dann sehen wir weiter. 

Vergeistigt

Wehe dir, wenn du
Wort für Wort deiner Spur folgst
bis zur Mauer, der alten,
zerbröckelnden Mauer
dieses Lebens. Neuer Bewuchs
kündet so schön vom Ende.

Alte Jahrmarktsattraktion

Hau den Lukas,
zeig allen, wie stark du bist,
lass es bimmeln!
Aber warum eigentlich?
Den Lukas nicht zu hauen 
und es nicht bimmeln zu lassen,
wäre vielleicht eher ein Zeichen
innerer Stärke gewesen. 

Berufung

Nicht mit mir, das steht fest.
Aber ohne mich
geht es halt auch nicht,
das muss ich schon sagen. 

Mehr Stille

Bin eures Geschwätzes so müde
und  meines eigenen auch.
Mehr Stille, viel mehr Stille tut not,
um das Wort hören zu können,
das eine Wort, das befreit.

Sonntag, 13. Juli 2025

Gefährdete Entdeckung

Die Zwieselbeere ist auch so eine Sache.
Keiner soll sich dahinter verstecken.
Das geht nur mich etwas an.
Mein Schatz ist vergraben
in zerbröselnden Erinnerungen.
Und wenn das nicht genügen sollte,
kann ich immer noch Abschied nehmen
mittels gezielter Einbildung.
Dass mir da keiner hineinfällt!
Die Geschichten gehn weiter,
auch nach ihren Enden,
ihren schrecklichen, schrecklichen,
alles überwuchernden Enden.

Mittwoch, 9. Juli 2025

Gluthitze

Was war, schmilzt weg.
Was bleibt, verdorrt.
Was soll nur werden
aus dieser sinnlos verschwitzten
Sommerwelt?

Eigene Sorgen

Ich habe andere Sorgen
als die Sorgen der anderen.
Wer kann sich schon um alles kümmern.
Ich sicher nicht. Aber siehe da,
es hängt alles zusammen.
Was nicht stimmt mit der Welt
und nicht stimmt mit mir in ihr,
das hat alles damit tun,
was andre tun und lassen.
Gutes, das einen freut.
Schlechtes, das einen bekümmert.
Unsicheres, das einem droht.
Dummes, das einen ärgert.
Hässliches, das verstimmt.
All dieses Zeug halt.
Meine eigenen Sorgen
machen mir also die andern.
Da muss sich was ändern.
Dafür muss ich sorgen.
Das ist schon mal sicher.

Montag, 30. Juni 2025

Hetzrede

Das ist ja Meuterei.
Das gefällt mir. 
Das begrüße ich
aus ganzem Herzen. 
Ihr macht es richtig.
Lass euch nichts mehr gefallen,
wehrt euch, steht ein
für eure Rechte
und die Rechte aller,
verteidigt eure Würde,
verlangt eure Freiheit
und nehmt sie euch. 
Freiheit, Gerechtigkeit, 
Würde und Wohlergehen
für jeden einzelnen bedeutet
Freiheit, Gerechtigkeit, 
Würde und Wohlergehen
für alle. Ein gutes Ziel.
Werdet nicht selbst Unterdrücker,
lasst das Befehlen hinter euch
und das blinde Gehorchen.
Entscheidet euch selbstbestimmt
und gemeinsam für das Richtige
und haltet euch daran.
Arbeitet zusammen und füreinander.
Ihr könnt das.
Ihr könnt, was ihr wollt. 
Und was ihr nicht könnt,
könnt ihr voneinander lernen.
Der erste Schritt ist getan.
Ihr habt nein gesagt.
Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
Jetzt müsst ihr ja sagen
zu einem besseren Leben.

Grund

Dass ich existiere,
kommt mir merkwürdig vor. 
Ich kapiere einfach nicht,
was das eigentlich soll.

Theseus verlässt das Labyrinth

Ich krieg da was zu fassen
und zieh einfach mal dran.
Es erweist sich als Faden. 
Ich wickle, wickle und wickle
den auf, bis schließlich
ein Knäuel herauskommt
und ich draußen bin.
Was für ein Held. 

Poesia povera

Kein Wort mehr
als unbedingt nötig, 
um nichts zu sagen
als das Wesentliche.

Poésie pure

Wisch die Metaphern weg,
all den anderen Dreck, 
den man dir einreden will
als Schönheit.

Sonntag, 29. Juni 2025

Zarte Gebilde 
aus Sonnenglast
oder Zikadenlärm
oder dem Duft reifen Korns
zerbersten an Grillanzündern 
und Tanzgedudel. 

Probleme eines Besserwissers

Auch dafür gibt es eine Lösung.
Aber sie wird euch nicht gefallen.
Ihr müsstet eure Leben ändern,
und das wolllt ihr nicht. Das ist mir klar.
Das ist ja überhaupt das Problem,
dass ich so viele Lösung weiß
für so viele Probleme, aber
ihr sie nicht wahrhaben wollt.
Darum steht es so schlecht um die Welt.
Hörte hingegen jeder auf mich,
wären alle Probleme gelöst.
Ihr lacht und schüttelt eure Köpfe,
aber so ist es nun einmal doch. 

Samstag, 28. Juni 2025

Wie vom Meer her
ein ferner Sommer dröhnt, 
so brütet die Sonne
unerbittlich auf allem
jenseits der Schatten. 
Sogar eine Pinie
ragt einfach ins Blau
unbeschwerteren Himmels.
Wenngleich du Zypresse sagst,
ist die Welt nicht gerettet. 
Oder doch. Aber anders,
als du dir vorstellen kannst.

Freitag, 27. Juni 2025

Tieferes Verständnis

Nicht der Krug,
welcher auch immer,
geht zum Brunnen, sondern
ein Mensch trägt ihn hin,
bis vielleicht irgendwann
der Krug zerbricht. 
Hör auf den Wind
und hör auf, den Wind
nicht zu hören. 
Die Luft an den Dingen:
ein ständiges Ringen
nach Luft. 
Und doch zerbirst
daran nichts, an dem
fast Unmerklichen,
das ich nennen kann,
wie ich will.

Ermahnung

Hör endlich auf mit dem Quatsch,
dich zum Opfer zu stilisieren,
das von bösen Mächten verfolgt wird.
Nichts davon stimmt.
Keiner ist hinter dir her,
keiner bedroht dich.
Dazu bist du nicht wichtig genug.
Keiner sperrt dich weg,
keiner foltert dich,
keiner befiehlt deine Erschießung
oder will dich ans Kreuz nageln.
Warum erzählst du solche Sachen?
Was versprichst du dir davon?
Geilst du dich an dem Unglück auf,
das dir nie widerfahren ist?
Dir geht es gut, gib’s doch zu,
du stellst dir das alles nur vor,
um dich wichtig zu machen.
Keiner will das lesen,
keiner glaubt dir das,
du bist ganz allein mit dem Quatsch.
Hör bloß auf damit. Du Opfer.

Ein Unbrauchbarer

Unpassend, immer schon gewesen,
irgendwie unangepasst,
nicht dazugehörig, schwierig,
nicht einzugliedern in das, was sein muss,
untauglich fürs Gewöhnliche,
sozusagen unberechenbar,
keiner, auf den man zählen kann,
wenn’s um Erwartbare geht,
zuverlässig unzuverlässig
in Sachen Normalität,
unangenehm erfinderisch
bei allem, was querliegt,
unverständlich, könnte man sagen,
geradezu abwegig,
verbohrt ins Rechthaben müssen,
verrannt ins Andersseinwollen.
keiner, auf den man hören will,
keiner, der einem schmeichelt,
ein Lästiger, Befremdlicher,
allzu Herausfordernder,
ein Unbrauchbarer, gewiss,
aber andererseits bitter nötig,
wenn sich irgendwas ändern soll
zum Bessren, sonst eher entbehrlich.

Mittwoch, 25. Juni 2025

Wehrlos

Die Wörter zögern nicht,
mich zu überfallen.
Sie treiben ihr Spiel mit mir. 
Ich habe sie nicht eigeladen,
sich machen sich einfach breit.
Oft verstehe ich nicht,
was sie von mir wollen. 
Ich versuche, Ruhe zu bewahren
und möglichst nichts zu tun, 
was sie verärgern könnte.
Sollen sie ihr Ding machen.
Man wird sehn. Vielleicht 
kommt ja dabei etwas heraus, 
was auch mir nützt. 

Mein Wort für euch

Macht mich fertig, lasst nichts aus,
zerschlagt mir die Glieder,
lasst mein Blut nur spritzen,
ganz wie es euch gefällt. 
Ich habe es mehr als verdient,
das weiß doch jeder. 
Unwürdig eures Mitleids,
Gegenstand eurer Verachtung,
keiner von euch, kaum noch ein Mensch,
ein Verräter von allem, was euch heilig ist,
muss ich endlich bezahlen
für meine Verbrechen.
Also schafft mich ab,
tilgt die Erinnerung an mich,
löscht meine Taten aus,
als wäre so die Gefahr
ein für alle Mal gebannt,
die mein Wort für euch ist.

Dienstag, 24. Juni 2025

Gut gemeinter Rat

Lasst mich nicht sofort draufgehn,
zögert es noch etwas hinaus
und genießt es. Quält mich,
demütigt mich vor mir selbst,
weidet euch an meinen Schmerzen,
und meiner Würdelosigkeit.
Lasst mich um mein Leben betteln
und dann um einen raschen Tod.
Ruiniert nicht die Situation 
durch Ungeduld oder Mitleid.
Macht euch eine gute Zeit mit mir. 
Ihr habt nur diese eine Chance,
mich sterben zu lassen,
verschwendet sie nicht.

Montag, 23. Juni 2025

Schatz

Die großen Worte zu wechseln
in gängige Münze,
ist nicht mein Geschäft.
Ich zahle vielmehr
allen meinen Schuldigern
in gleicher Münze heim,
scheue den Bankrott nicht
und präge nur selten
ein falsches Wort. 

Stand der Dinge (Litanei)

Die Dummheit triumphiert über die Klugheit.
Die Bosheit triumphiert über die Güte.
Der Irrsinn triumphiert über die Vernunft.
Der Krieg triumphiert über den Frieden.
Das Unrecht triumphiert über das Recht.
Die Gier triumphiert über die Verantwortung.
Die Angst triumphiert über die Fürsorge.
Das Leid triumphiert über die Freude.
Die Trauer triumphiert über das Glück.
Die Gleichgültigkeit triumphiert über die Solidarität.
Der Hochmut triumphiert über die Demut.
De Herrschsucht triumphiert über die Freiheitsliebe.
Die Lüge triumphiert über die Wahrheit.
Der Tod triumphiert über das Leben.
Der Wahn triumphiert über die Wirklichkeit.
Das Gegeneinander triumphiert über das Miteinander.
Der Egoismus triumphiert über den Gemeinsinn.
Die Geilheit triumphiert über die Würde.
Das Minderwertige triumphiert über über das Schöpferische.
Und was ist mit mir, was vermag all das,
was nicht nicht sein soll, über mich?
Zuweilen triumphiert meine Verzweiflung
über meine Zuversicht. Aber,
und es gibt ein Aber, ich glaube:
die Chöre der Engel triumphieren
über das Heer der heulenden Teufel.
Und das Ende wird von Ewigkeit her
triumphiert haben über den Schrecken.

Dienstag, 10. Juni 2025

Bezichtigung

Gebt zu, dass ich ein Schädling bin,
einer, den man zertreten muss
mit dem Stiefelabsatz.
Ein Saboteur, ein Klassenfeind,
ein Volksverräter, ein Spion,
ein Agent feindlicher Mächte.
Dekadent und verdorben,
verfault bis ins Mark hinein.
Ein Schwätzer, ein Spinner,
ein gefährlicher Narr,
ein notorisches Lügenmaul,
ein Hochstapler, Hütchenspieler,
Gesundbeter, Beutelschneider,  
schamloser Brunnenvergifter
Einer, dem man nicht trauen darf,
bei dem keine Hoffnung besteht
auf Besserung. Herausschneiden
muss man den aus dem Volkskörper,
ausmerzen für alle Zeit.
Gebt zu, dass ich so einer bin,
und macht endlich Schluss mit mir,
ihr gottverdammten Menschenschinder,
die der Teufel holen soll. Mehr
ist dazu nicht zu sagen.

Ein Menschheitsbeglücker

Manchmal muss man die Leute
eben zu ihrem Glück zwingen.
Das geschieht ja dann schließlich
nur zu ihrem Besten.
Sie würden selber wollen,
wozu sie verpflichtet sind, 
wenn sie nur nicht so stur wären
und so schrecklich verdorben.
Aber zum Glück gibt es ja
mich, der ich besser weiß,
was für jeden sein Glück ist.

Augurisches

Die Gedanken schwärmen aus
und kehren nicht wieder heim.
Was zurückkomt, sind andre,
völlig fremde Gedanken. 
So soll es sein. Je weniger
man im Voraus schon weiß,
was man gedacht haben wird,
desto aufregender ist,
wer wüsste das nicht, das Leben. 

Montag, 9. Juni 2025

Monströs

Immer schon war ich anders als ihr,
ein Monstrum. Etwas, auf das man
mit den Fingern zeigt und lacht,
weil es so schrecklich anders ist.
Mit mir musste man nicht reden,
mir hatte man nichts zu sagen,
und wenn ich sprach, war man erstaunt,
wie wunderschön das klang, so schön,
dass man dringend weghören musste.
So ist das geblieben. Immer noch
bin ich hässlich und unsichtbar,
seltsam unhörbar, wenn ich rede,
obwohl ich doch, wie jedermann weiß,
nichts zu sagen habe. 

Sonntag, 8. Juni 2025

Vom Laster gefallen

Man denkt sich nichts Böses,
man liest vielleicht irgendwas
oder hört gerade Musik
oder schaut bloß in die Luft,
und zack, ist ein Vers da,
einfach so, aus dem Hinterhalt
des Unterbewusstseins. 
Wo vorher keiner war,
ist jetzt einer und geht
nicht mehr weg, ist gekommen,
um zu bleiben, und will
andere nachziehen. Wie bitte?
Das wird ja immer schöner.
Wie soll man sich da wehren?
Das purzelt herbei,
das drängt sich dazu,
das zwängt sich herein,
das will untergebracht sein,
wie auch immer, was nicht passt,
wird passend gemacht.
Und wenn es dann reicht,
schreit einer: Fertig!
Das muss keineswegs stimmen.
Aber was soll man machen?
Am Ende ist es halt doch
immer irgendwie ein Gedicht. 

Herbstliche Hermeneutik

Es krächzen die Krähen. Sie werden schon wissen, was sie damit sagen wollen. Sonst weiß es niemand. Aber das macht nichts. Auch die Krähen v...